Julie Leuze by Sternschnuppentraeume

Julie Leuze by Sternschnuppentraeume

Autor:Sternschnuppentraeume
Die sprache: deu
Format: mobi
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Nick

»So ein schöner Herbsttag, nicht wahr? Ein richtiger Sonnen-Sonntag.«

Meine Mutter lächelt, und ich grummele etwas in mein Müsli. Sie hat extra Obst geschnippelt, Ananas, Äpfel, Bananen, damit ich mal wieder was Gesundes esse, und auch wenn dieses Bemühen angesichts der vielen blauen Flecke meiner Kindheit absurd anmutet, tue ich ihr den Gefallen und esse, was sie für mich vorbereitet hat.

Mich allerdings auch noch über das Wetter zu freuen, das bringe ich beim besten Willen nicht fertig. Nicht, wenn Uli mit am Frühstückstisch sitzt, was mir zuverlässig die Laune verdirbt.

Ich hebe den Kopf und begegne seinem lauernden Blick.

Eisern halte ich ihm stand. Bis mein Vater es ist, der einknickt und wegschaut.

Ha! Es geht doch nichts über einen kleinen Sieg am Morgen.

Schon merkwürdig, denke ich und schaufele mein Müsli in mich hinein. Obwohl ich immer noch nicht weiß, wie ich meine Mutter gegen ihren Willen beschützen soll, hat sich die Stimmung zu Hause in den letzten Tagen verändert, und zwar deutlich. Uli scheint instinktiv zu spüren, dass ich ihm die tyrannische Alleinherrschaft über unsere Familie nicht mehr durchgehen lasse, und ich spüre instinktiv, dass ich ihm diesen Entschluss wohl werde beweisen müssen. So umkreisen mein Vater und ich uns wie zwei Löwen, wachsam und drohend. Noch hat keiner von uns angegriffen, doch wir wissen beide, dass der Zeitpunkt kommen wird.

Bald.

»Triffst du Astrid heute?«, fragt meine Mutter in die angespannte Stille hinein. »Sie war schon lange nicht mehr zum Essen hier. Warum eigentlich nicht?«

»Weil ich keine Lust habe, ihr etwas vorzuspielen. Sonntagsbraten, glückliche Familie und so weiter.«

Der Blick meiner Mutter huscht nervös von mir zu meinem Vater. »Was redest du denn da, Liebchen. Vorspielen! In jeder Familie gibt es Probleme der einen oder anderen Art. Astrid kann ruhig kommen, sie …«

»Außerdem habe ich gestern Schluss gemacht.«

Uli lässt die Kaffeetasse sinken. »Meine Güte, Nicolas. Bist du nicht langsam zu alt für dieses Hin und Her? Astrids Mutter ist meine Patientin. Ich habe keine Lust, mir schon wieder ihr Gejammer über dich anzuhören. Beim letzten Mal hat sie gesagt, du würdest ihre Tochter regelmäßig in ein Häufchen Elend verwandeln.«

Astrid hat sich in ihrem ganzen Leben noch nicht in ein Häufchen Elend verwandelt, jedenfalls nicht wegen mir, und das weiß ihre Mutter genauso gut wie mein Vater.

»Du hast recht, Uli, ich bin zu alt für das Hin und Her. Deshalb ist es auch endgültig aus. Denn weißt du, das ist meine neue Haltung – ich mache ernst mit meinen Entschlüssen.« Ich schaue meinem Vater fest in die Augen. »Koste es, was es wolle.«

Uli ist nicht blöd, er begreift sofort, dass ich nicht mehr von Astrid spreche. Seine Augen verengen sich, die Luft zwischen uns ist plötzlich zum Schneiden dick, und meine Mutter springt hastig auf.

»Möchte noch jemand etwas Obst? Oder Kaffee? Uli, Nick? Ach, ich hole einfach noch ein bisschen von allem.«

Sie flüchtet in die Küche, und während ich mit dem schmalen stahlgrauen Blick meines Vaters ringe, denke ich, dass es schon immer so abgelaufen ist, ganz genau so: Kaum wird es gefährlich, tritt Mama die Flucht an.



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